Hannover 96 - Werder Bremen Spielbericht


Gestern war zum ersten Mal seit langer Zeit mein alter Herr mit im Stadion. Und der ist nun nicht gerade bekannt dafür, zumindest wenn es um "die Roten" geht, ein ruhiges Gemüt zu haben. Gestern jedenfalls dauerte es keine zwei Minuten bis er auf Betriebstemperatur war. Ganz im Gegensatz zu den Herren auf dem Spielfeld, die rote Trikots spazieren trugen. Spieler des Anstoßes war Jiri Stajner. Aber es hätten genauso gut die anderen 10 Spieler sein können. Denn was gestern gegen Bremen in der AWD-Arena passierte, spottet jeglicher Beschreibung. Und so winkte Coach Mirko Slomka bereits nach einer guten halbe Stunde resigniert ab.

Werder Bremen ist eine Mannschaft, wie hinlänglich bekannt ist, die über eine gut bestückte Offensive verfügt. Doch bei 96 scheint davon noch nichts angekommen zu sein. Speziell Marko Marin konnte wahlweise über links oder rechts oder auch durch die Mitte gehen, wie ein Messer durch ein Stück warme Butter. So auch vor dem 1:0 das Peter Niemeyer in der achten Minute erzielte. Wie bei drei anderen Toren sah Torwart Flo Fromlowitz nicht gut aus, rutsche ihm der Ball durch die Hosenträger. Doch einen Spieler herauszugreifen angesichts dieser grottenschlechten Leistung des gesamten Teams wäre als ob man mit Kanonen auf Spatzen schießen würde. Man kann alle Mannschaftsteile durchgehen und findet immer wen, den man nieder schreiben könnte. Auch nützt es nichts, wenn man wie ein Außenstehender namens Udo Lattek heute im Doppelpass versuchte, darauf hin zu weisen, dass der Abstieg nur noch mit einem Torwartwechsel zu verhindern sei. Nonsens.

Man kann diese mieserable Leistung gegen Werder nicht erklären, wenn man einen einzigen Spieler rausnehmen würde. Die gesamte Truppe hat versagt. Und die Hiobsbotschaften gehen weiter: gestern verletzten sich die Mittelfeldmänner Leon Andreasen und Christian "Schulle" Schulz, ausgerechnet Schulz, der gestern noch der einzige Lichtblick war, nicht nur durch sein 1:4-"Anschlusstor". Zusammen mit dem zur Halbzeit eingewechselten Altin Lala verkörperte er noch so etwas wie Kampfgeist. Doch das klappt nun auch nicht mehr, denn "Schulle" muss erstmal dem Drama von draußen zuschauen. Wie die Fans auch. Und mittlerweile macht es überhaupt keinen Spaß mehr, sich diese Zumutung zu geben.

Es sei denn, man nimmt es mit einer gewissen Portion Galgenhumor, wie dies Steffi von den "Roten Maedels" getan hat. In diesem Sinne: Am Montag gehört 96 bald mir.

Nachtrag: Beim Warten auf meinen alten Herrn ist mir aufgefallen, dass die Fans von 96 in den Planungen für die Umwidmung des Platzes vorm Nordeingang in Robert-Enke-Platz weiter sind, als dies die Stadtspitze ist.

Hannover 96 - Werder Bremen Vorbericht

Duelle zwischen 96 und Werder sind vor allen Dingen Hassduelle zwischen den beiden Fanlagern ."Alle Bremer stinken, weil sie aus der Weser trinken" sind da noch harmlose Gesänge aus der hannoverschen Nordkurve. Grund dazu hätten die 96er alle mal auf das Team aus dem Vorort an der Weser sauer zu sein. Zuletzt hagelte es deftige Niederlagen in der heimischen AWD-Arena. Unrühmliche 1:5-Niederlagen beispielsweise.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Werder hat unter der Woche 2:1 im Pokal gegen Hoffenheim gewonnen und ist seinem Ruf als Pokalmannschaft wieder gerecht geworden. 96 hingegen hat am letzten Wochenende auch gegen Hoffenheim gespielt, allerdings mit 2:1 verloren. Dennoch war es ein Spiel, das einen Aufwärtstrend für "die Roten" markierte. Erste Anzeichen von im Abstiegskampf geforderten Attributen hatte die Mannschaft da schon an den Tag gelegt. Nicht zuletzt die beiden Neuzugänge Elson und Koné haben dem Team wieder eine Marschrichtung mit auf den Weg gegeben. Die beiden scheine eine Bereicherung zu werden und Koné ist auf dem besten Weg zum Publikumsliebling.

96 hatte im Training unter der Woche weitere Hiobsbotschaften zu verkraften. Jan Rosenthal fällt auf unbestimmte Zeit aus und auch Sofian Chahed droht für das heutige Spiel nicht bereit zu stehen. Für Rosenthal wird Nachwuchsmann Rubic Ghasemi-Nobakht vermutlich in der Startelf stehen und nicht Constant Djakpa, zudem fällt Valdet Rama mit einem Muskelfaserriss ebenfalls aus. Den Platz von Chahed dürfte im Fall der Fälle Sergio Pinto übernehmen.

Die vermutliche Aufstellung: Fromlowitz - Rausch, Durica, Eggimann, Chahed (Pinto) - Schulz, Andreasen - Stajner, Elson, Ghasemi-Nobakht- Koné

1899 Hoffenheim - Hannover 96 Vorbericht

Echte Männerfreundschaften im Fußball sind rar geworden. Wer erinnert sich nicht noch wehmütig an die Bilder als Andi Brehme heulend bei Rudi Völler in den Armen lag und hemmungslos flennte. Kaiserslautern war in einem dramatischen Spiel gegen Leverkusen aus der 1. Liga abgestiegen. Eine solche Männerfreundschaft hatte auch zwischen Ralf Rangnick und 96-Trainer Mirko Slomka bestanden. Hannoveranern sind vor allen Dingen die Bilder des Wiederaufstiegs in Erinnerung geblieben, als Rangnick auf den Schultern von Slomka durchs Stadion getragen wurde. Doch mittlerweile ist diese Freundschaft in die Brüche gegangen, beziehungsweise sie hat sich professionalisiert. Beide sagen, die Gründe dafür seien privater Natur. Doch man kann sich denken, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit wohl um deren gemeinsame Schalker Zeit gehen könnte, an deren Ende Slomka Rangnick abgelöst hatte.

Heute nun treffen beide in der Sinsheimer Arena aufeinander - Rangnick als Coach von Hoffenheim und Slomka als Coach der "Roten". Nach dem Spiel wollen beide einige Sätze miteinander reden, Rangnick fährt nach Hause und Slomka steigt in den Bus der "Roten". Das war's. Doch war's das auch für die "Roten"? Die Beudeutung des Spiels ist mehr als über die vergangene Freundschaft zweier Männer zu philosophieren. Zwei Neue stehen in der Startelf, Elson und Arouna Koné, ihre Plätze dafür müssen Arnold Bruggink, Kapitän außer Form und Mike Hanke räumen. Im defensiven Mittelfeld werden mit großer Wahrscheinlichkeit Neu-Kapitän Christian "Schulle" Schulz und Leon Andreasen ihre Kreise ziehen. Für Andreasen wird es das erste Bundesligaspiel seit mehr als einem halben Jahr sein.

Zudem ist es ein Spiel, indem es für beide Mannschaften um mehr als drei Punkte geht. Hoffenheim ist seit sieben Spielen sieglos, hat im Jahr 2010 noch nicht ins Tor getroffen. 96 ist seit neun Spielen ohne Sieg. Wer heute also verlieren sollte, der muss sich auf noch härtere und stürmischere Zeiten einstellen. Und Slomka könnte zudem seinen Fehlstart perfekt machen. Drei Spiele - null Punkte. Schauen wir, was um 17:20 Uhr passiert ist und ob Slomka und Rangnick dann überhaupt noch miteinander reden.

Die Aufstellung: Fromlowitz - Rausch, Haggui, Eggimann, Chahed (Pinto) - Schulz, Andreasen - Rosenthal, Elson, Stajner - Koné

Koné und Elson sind bei 96 - Tremmel nicht!


Geht jetzt in Hannover auf Torejagd: Arouna Koné.

Diese Woche wird mit Sicherheit in die Geschichtsbücher des Bundesligisten Hannover 96 eingehen. Erst die demütigende, beschämende und offenbarende Niederlage gegen Mitkonkurrent Nürnberg, dann die Wechselaktivitäten von Arouna Koné und Elson und das Gezerre um Gerhard Tremmel von Erzfeind Energie Cottbus. Was bleibt nach dieser Woche?

Hannover 96 steht am Abgrund. Erst die Auftaktniederlage gegen die Hertha, dann die Entlassung von Andreas Bergmann. Nun soll's Sympathieträger und Lokalmatador Mirko Slomka richten. Das Spiel gegen Mainz war bereits nach vier Minuten gelaufen. Die Zusammenfassung in der Sportschau zeigte zwar nicht das ganze vermeintliche Elend, doch es offenbarte schon dort: 96 hat viele Baustellen. Mangelndes Kämpferherz und Einsatzwillen, keine Bereitschaft zu fighten und abgesehen von Hanno Balitsch und mit Abstrichen Christian "Schulle" Schulz hat die Mannschaft keine Führungsspieler. Das sind nur einige Baustellen.

Bleiben wir noch ein wenig beim letzten Punkt: Von Kapitänen erwartet man ja in der Regel, dass sie eben Typen sind, dass sie die Mannschaft aufrichten können, mit gutem Beispiel vorangehen, wenns nicht läuft. Es ist unnütz, an dieser Stelle Robert Enke anzuführen, dennoch: Robert war ein würdiger Kapitän. Doch Arnold Bruggink: Nach dem Spiel rhetorisch vor den Kameras in Hochform, haut die allerbesten Fußballersprüche raus, man müsse beißen und kämpfen, aber bitte: Dann machs doch mal auf dem Platz mein Bester. Nächstes Beispiel: Mike Hanke. Als er damals unter Dieter Hecking an die Leine kam (für 4,5 Millionen(!)) hatte ich irgendwie noch ein gutes Gefühl. Doch mittlerweile halte ich ihn für einen der überschätztesten Spieler der Bundesliga. Dieser Mann war und ist sein Geld nicht wert. Zwar wurde er vor dem Spiel gegen Nürnberg von Mirko Slomka stark geredet, doch dies wahrscheinlich auch nur mangels Alternativen in der Offensive. Blickt man auf die nackten Zahlen wird einem schnell klar: 96 hat ein Stürmerproblem. Bei 33% gewonnenen Zweikämpfen - insgesamt nur neun geführt - und gerade einmal drei Torschüssen wird zudem offensichtlich, dass auch das Mittelfeld vorsichtig ausgedrückt nicht gerade auf Rosen gebettet ist.

Und auch die Abwehr sowie auf der Torwartposition offenbaren sich Schwächen, die auch hausgemacht sind. Seit dem Eigentorfestival gegen Gladbach hat 96 kein Spiel mehr Zunull gespielt. Schulz und Haggui sowie (seit Längerem bekannt) auch die Außenpositionen strahlen keine Sicherheit mehr aus. Ihnen fehlt zudem der Rückhalt. doch Fromlowitz ist mit seinen 23 Jahren sozusagen naturgemäß noch nicht der Torwart, der eine Mannschaft führen und zudem einer Abwehr die nötigen Anweisungen geben kann. hinzukommt zudem, dass vor allen Dingen der Transferkünstler Schmadtke mittlerweile zur Torwartdiskreditierung ausgeholt hat: Denn wie sonst soll man es nennen, wenn auf kurzem Dienstweg mit Cottbus (wer?) über einen Kauf von Gerhard Tremmel (wer?) verhandelt wird. Was soll man denn bitte mit einem 31-jährigen Torwart, der in Cottbus nicht mehr erste Wahl ist. Aber es passt zur Situation bei 96: Kopflos durch die Wand.

Nun sollen Elson und Koné den Abstieg vermeiden. Doch wie soll's danach weitergehen. 96 muss den Umbruch wagen. Altlasten raus, von vorne bis hinten und den kompletten Neuanfang um einige Säulen wie Balitsch, Schulz und die jungen Wilden machen. Zur Not auch in der 2. Liga. Das Schlechteste wäre es in der jetzigen Situation vielleicht nicht.


Das Foto von Arouna Koné ist unter einer CC-Lizenz freigegeben.